„Mit unserer Kultur schaffen wir einen Wert an sich“
DZ BANK Vorstand Michael Speth im Interview über den Corona-Einfluss auf Unternehmenskultur und -werte
Krisenzeiten stellen auch die Kultur und die Werte eines Unternehmens auf die Probe. In den letzten drei Monaten haben viele das hautnah erlebt. Wie blickt ein Vorstand auf die Veränderungen? Wir haben DZ BANK Vorstandmitglied Michael Speth gefragt, wie er den Wandel wahrnimmt, was ihn besonders beeindruckt hat und warum das vermeintlich weiche Thema Kultur für die Bank so wichtig ist.
Herr Speth, in den letzten Monaten hat sich unser Arbeitsalltag Corona-bedingt stark verändert. Wie erleben Sie diesen Wandel?
Viele Mitarbeiter arbeiten von zu Hause aus und da wird die Verbindung von Beruf und Familie zwangsläufig enger. Beispielsweise hört man in Skype-Konferenzen die Kinder im Hintergrund, vor kurzem erwähnte ein Mitarbeiter, dass er während unseres Telefonats seine Tochter auf dem Schoß hat. Ich habe den Eindruck, dass dadurch das Verständnis füreinander wächst. Zudem haben wir erlebt, wie technisch innovativ wir sind. Dies empfinde ich als einen Riesengewinn, denn vor Corona haben uns einige diese Kompetenz abgesprochen. Dass alles so reibungslos und weitgehend störungsfrei läuft, hat bei vielen ein Umdenken bewirkt. Es ist ja auch nicht selbstverständlich. In kultureller Hinsicht nehme ich wahr, dass sich die Wertschätzung unter den Mitarbeitern, das Miteinander und die Zusammenarbeit positiv verändert haben.
Was hat Sie persönlich am meisten beeindruckt?
Mich hat in den letzten Monaten die Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter sehr beeindruckt. Wir haben bei vermeintlichen Engpässen wie beispielsweise bei der Erledigung von wichtigen Aufgaben und adhoc-Anfragen, im Krisenmanagement oder bei Projekten überhaupt keinen Rückschritt oder gar Abbruch erlebt. Ganz im Gegenteil: Wir haben es geschafft, die Krise zu managen und weiter leistungsfähig zu sein. In meinem Zuständigkeitsbereich Kredit ist beispielsweise gerade der Flächenrollout für DZ digital 360 vollzogen worden. Trotz der Beschränkungen haben wir alle Vorbereitungen pünktlich erledigt und sind startklar für einen Prozess, der alle Kreditabläufe komplett verändern wird. Wenn Sie mich vor einem Jahr gefragt hätten, ob ich unserem Haus zutraue, dieses Projekt während einer Pandemie mit einer Punktlandung abzuschließen, hätte ich das verneint oder wäre zumindest sehr skeptisch gewesen.
Kommt die DZ BANK dem Zielbild aus Verbund First 4.0 näher?
Mit Hilfe unserer acht Haltungsdimensionen haben wir unsere Kultur und deren Veränderung in der Krise greifbar gemacht. Neben Leistungsfähigkeit waren für mich Innovation und Partnerschaftlichkeit sehr prägend. Trotz der Distanz sind wir alle nochmal enger zusammengerückt und es ist ein neues Gemeinschaftsgefühl entstanden. Nicht zuletzt ist auch der Aspekt Sicherheit in den Vordergrund gerückt. Vielen ist bewusst geworden, dass die DZ BANK ein sicherer und verlässlicher Arbeitgeber ist. Von der Reisebank abgesehen gab es in der gesamten Gruppe keine Kurzarbeit. Auch dies verdeutlicht sehr gut die Solidität der Bank.
Woran muss noch gearbeitet werden?
Ich denke, dass wir unsere Veränderungsbereitschaft noch weiter ausbauen können. Es geht um die Frage: Sind wir Change-fähig? Durch die Krise haben wir viel gelernt und gezeigt, dass wir uns an veränderte Situationen anpassen können. Diese Fähigkeit, sich auf neue Arbeitsbedingungen einzustellen, sollten wir auch nach dem Abflauen der Pandemie weiter fördern. Die aktuelle Krise, zumal in diesem Ausmaß, war sicherlich eine gute Schule für uns alle, mehr Flexibilität an den Tag zu legen. Hier kommt dann auch Mut ins Spiel: Mut zum Change.
Warum hat das Thema Kultur einen hohen Stellenwert?
Für mich ist Kultur kein Selbstzweck. Kultur ist ein identitätsstiftender Faktor für jedes Unternehmen – und zwar nach innen wie nach außen. So wie wir miteinander umgehen, partnerschaftlich und respektvoll, treten wir auch nach außen gegenüber den Volksbanken und Raiffeisenbanken und unseren Firmenkunden auf. Unsere Kultur prägt das Bild, das wir nach außen vermitteln – und wir schaffen damit einen Wert an sich. Defizite in der Kultur sind mittel- und langfristig schädigend für den geschäftlichen Erfolg eines Unternehmens.
Das Zielbild der DZ BANK mit den acht Haltungsdimensionen wirkte bisher für viele Mitarbeiter nicht griffig genug. Hat sich das aus Ihrer Sicht verändert?
Wir haben schnell festgestellt, dass man die vorher etwas abstrakt wirkenden Haltungsdimensionen in der aktuellen Situation hautnah erleben kann. Wir konnten uns in den letzten drei Monaten verstärkt mit den Haltungen identifizieren und erkennen, dass viele von ihnen unsere Kultur prägen und wesentliche Faktoren sind, um erfolgreich durch diese Zeit zu kommen. Partnerschaftlichkeit, Leistungsfähigkeit, Mut, Innovation, Sicherheit - allein dieses Bündel an Haltungen ist für uns in der Krise unmittelbar bestimmend. Auch Nachhaltigkeit spielt eine wichtige Rolle, da alles, was wir in der Krise tun, anschließend nachhaltigem Wirtschaften Rechnung tragen muss.
Wie gestalten Sie und Ihre Vorstandskollegen die Unternehmenskultur mit?
Wir leben die Haltungsdimensionen mit – nach innen wie nach außen. Wir unterstützen alles, was notwendig ist, um durch diese Krise zu gehen. In der Vorstandssitzung heute haben wir uns beispielsweise gefragt, was unsere „Lessons learned“ aus der Krise sind. Wie müssen wir unsere eigene Büroorganisation ändern? Müssen wir unsere Präsenz im Büro flexibler gestalten? Bei vielen Themen können wir als Bank und auch wir als Vorstand Neues aus der Situation ableiten. Und das tun wir. Auch das ist Teil der Veränderungsbereitschaft, die wir zukünftig brauchen.
Was wünschen Sie sich persönlich für die DZ BANK?
Dass wir so gut wie möglich durch diese Krise kommen. Dass wir Belastungen in der Ertragslage – so gut es geht – bewältigen. Diese Situation wird noch eine Weile anhalten, daher wünsche ich mir weiterhin eine stabile Infrastruktur. Dazu gehört auch, dass wir alle weiter geduldig sind und, auch wenn es schwerfällt, uns weiter an die Regeln halten. Wie eingangs erwähnt, wünsche ich mir noch mehr Veränderungsbereitschaft, um die momentane Situation zu meistern und für die Zukunft gewappnet zu sein. Denn die nächsten Megatrends, beispielsweise im Zuge der Digitalisierung, werden kommen. Zusammengefasst: Ich wünsche mir, dass unser Haus gesund bleibt.