„Der Wohlstand in Deutschland hängt stark mit unserer Exportleistung zusammen“
Ralph Lerch, Exportfinanzierung der DZ BANK, im Gespräch über Finanzierung und Absicherung in der Coronakrise
„Deutsche Exporte brechen ein“ – Schlagzeilen wie diese ließen zuletzt vermuten, dass es um die deutsche Exportwirtschaft aktuell nicht gerade rosig bestellt ist. Das Coronavirus bremst weltweit nicht nur die Produktion, sondern auch den Handel von Gütern aus. In Deutschland sind die Einschnitte besonders zu spüren, schließlich zählt der Export zu den Stützen der deutschen Wirtschaftsleistung. Auch für die DZ BANK ist die Finanzierung und Absicherung von Warenströmen im internationalen Handel ein wichtiger Geschäftszweig. Was bedeutet die Krise aber nun für die Bank? Liegt die Exportfinanzierung der DZ BANK vorerst brach? Wir haben bei Ralph Lerch, der die Leitung der Gruppe im Bereich Strukturierte Finanzierung im Juli erst übernommen hat, nachgefragt. Schnell zeigt sich: Die Kollegen haben nach wie vor alle Hände voll zu tun. Im Interview erzählt er, woran das Team arbeitet und welche Chancen durch die Krise für die Exportfinanzierung der DZ BANK sogar entstehen.
Herr Lerch, wer sind unsere Kunden und welche Exporte finanzieren Sie und Ihr Team normalerweise?
Wir sind als Bank breit aufgestellt und betreuen sehr vielseitige Exportgeschäfte. Besonders stark sind wir aber darin, Exporte von deutschen Herstellern von Maschinen und Ausrüstung zu deren ausländischen Käufern bis in die entlegensten Winkel der Welt zu finanzieren. Damit solche Aufträge im internationalen Wettbewerb schnell und zuverlässig realisiert werden können, nutzen wir zum Beispiel die bewährten Instrumente der Exportförderung, die in Deutschland unter dem Namen „Hermes-Deckungen“ bereits eine lange Tradition haben. Wir wollen in diesem Geschäft, das wir für unsere Firmenkunden aus Deutschland betreiben, weiter wachsen und in den nächsten Jahren zu den Top 3 der deutschen Exportfinanzierungsbanken gehören.
Woran liegt es, dass der Export derzeit vielerorts einbricht?
Viele Unternehmen konnten in den letzten Monaten nicht wie gewohnt produzieren. Grund dafür waren vor allem die Hygienemaßnahmen und die damit verbundenen Kontaktbeschränkungen. Dadurch sind Engpässe in den globalen Lieferketten entstanden. Aber auch Vertriebsmitarbeiter und Monteure konnten plötzlich nicht mehr wie gewohnt reisen, Baustellen wurden vorrübergehend geschlossen. Das Virus hat China schon deutlich früher als uns Europäer getroffen, so dass zahlreiche Produzenten bereits Lieferschwierigkeiten bekommen haben, bevor der Lockdown hierzulande überhaupt ein Thema war.
Gleichzeitig fahren die Menschen in aller Welt ihren Konsum runter. Die Automobilbranche oder die Kreuzfahrtindustrie spüren das zum Beispiel ganz deutlich. Nicht nur in diesen Branchen vermeiden die Unternehmen momentan Kosten und Neuanschaffungen, weshalb deren Kunden – wiederum andere Unternehmen – aktuell weniger in neue Maschinen und Ausrüstung investieren. Die anhaltenden Auseinandersetzungen zwischen China, Europa und den USA im globalen Handel verstärken diesen Effekt zusätzlich. Es ist noch völlig unklar, wann wieder Normalität in die Exportwirtschaft einkehren wird.
Und was können wir als Bank tun, um unsere Kunden zu unterstützen?
Als die Corona-Krise Anfang des Jahres ihren Lauf nahm, haben wir schnell reagiert und besonders betroffenen Kreditnehmern Stundungen angeboten. Dadurch konnten sie ihre Liquidität im Unternehmen zu halten. Unser Partner Hermes war zudem bereit, für diese Zeit auf die sonst üblichen Versicherungsprämien zu verzichten. In anderen Branchen, wie zum Beispiel dem Gesundheitswesen, ist die Nachfrage nach Finanzierungslösungen – etwa für den Bau von neuen Krankenhäusern in Afrika oder Osteuropa – durch die Krise hingegen sprunghaft gestiegen.
Außerdem haben wir zusammen mit Hermes bereits Mitte März eine Initiative in Form von konkreten Maßnahmen gestartet, um die Exportwirtschaft zu unterstützen. Damit sollen die negativen Einflüsse der Pandemie abgemildert werden. Denn klar ist: Der Wohlstand in Deutschland hängt stark mit unserer Exportleistung zusammen.
… diese Initiative hat es sogar bis zu Wirtschaftsminister Peter Altmaier geschafft.
Genau. In den vergangenen Monaten fanden Gespräche mit der Bundesregierung, anderen Banken und Unternehmen sowie Verbänden statt. Ziel der Gespräche war es, den Exporteuren so gut wie möglich den Rücken zu stärken. Das Ergebnis ist ein 5-Punkte-Maßnahmenpaket, das Herr Altmaier kürzlich vorgestellt hat – und das im Übrigen auf unseren Vorschlägen von März aufbaut. Das neue Paket sieht unter anderem mehr Absicherungslösungen für bereits erfolgte Lieferungen vor sowie vereinfachte Bedingungen für Finanzierungen von bis zu 720 Tagen. Außerdem bietet es den Handelspartnern flexiblere Lösungen bei der Berechnung der Gebühren.
Für uns sind besonders die verbesserten Refinanzierungsinstrumente interessant. Sie ermöglichen es, weiterhin sehr lange laufende Exportfinanzierungen zu wettbewerbsfähigen Konditionen anzubieten. Das Programm enthält unter anderem eine sogenannten Shopping-Line-Deckung. Das ist eine standardisierte Finanzierungslösung für ständig wiederkehrende Einkäufe ausländischer Unternehmen bei deutschen Exporteuren.
Also für Neugeschäft?
Ja. Die neuen Finanzierungslösungen mitsamt der Shopping-Line-Deckung sind ein Impuls der Bundesregierung, der für uns sehr lukrativ ist. Damit können wir als Bank deutsche Unternehmen im aktuellen Umfeld dabei unterstützen, im Ausland neue Aufträge zu gewinnen oder bereits seit längerem verhandelte – aber aufgrund von Corona verschobene – Aufträge doch noch abzuschließen. Die Maßnahmen bringen frischen Wind in die virtuellen und künftig hoffentlich auch wieder persönlichen Vertragsverhandlungen zwischen unseren Kunden und ihren Kunden im Ausland. Sie sorgen für zusätzlichen Auftragseingang und verbesserte Liquidität – das wiederum wirkt sich natürlich positiv auf unser Geschäft aus.
Dann laufen die Geschäfte der Exportfinanzierung trotz der Negativ-Schlagzeilen weiter rund?
Im Grunde ja – Exportfinanzierungen sind das Produkt der Stunde für unsere exportorientierten Firmenkunden. Das Geschäft läuft also weiterhin sehr gut. Ich will aber nicht den Eindruck erwecken, dass unsere Arbeit durch Corona einfacher geworden ist. Geschäfte zu machen ist wesentlich komplexer geworden und es dauert länger, sie abzuschließen. Die aktuelle Situation verlangt den Mitarbeitern in der Exportfinanzierung, aber auch vielen unserer internen Schnittstellen wie etwa dem Firmenkunden-, Kredit- oder Rechtsbereich, eine Menge ab und es ist toll, wie engagiert die Kollegen ans Werk gehen. Das flexible Arbeiten von zu Hause und neue Wege der Kommunikation gehören dabei auch für uns zu den überraschend positiven Erfahrungen in der Pandemie. Diese Möglichkeiten haben sich für uns bewährt.